Ist teurer Wein besser – ist er seinen Preis wert
Die Preisspanne beim Wein ist enorm, von einigen bis zu einigen tausend Euro kann man für eine Flasche Wein
ausgeben. Die Auswahl ist nicht minder groß, eher unendlich, und für Weineinsteiger, aber auch von Weinliebhabern
und Kennern nicht immer leicht zu durchblicken. In den Einstiegspreisklassen bis zu fünf Euro kann man leicht daneben
greifen und aus dem Trinkgenuss kann dann auch schon einmal Trinkfrust werden. Auch wenn die Wahrscheinlichkeit in
den unteren Preisklassen einen guten Wein zu finden geringer ist, kann man nicht sagen, dass es sie dort nicht gibt.
Wenn man Pech hat muss man lange suchen. Insgesamt gesehen darf man nicht zu viel erwarten – von nichts kommt
nichts.
Bevor man sich Gedanken über den Preis eines Weines macht, sollte man sich zunächst über die eigenen Vorlieben klar
werden. Und das geht am Anfang am besten indem man verschiedenste Weine probiert, wozu beispielsweise die
Weinmessen eine gute Gelegenheit sind. In der Regel stellen dort mindestens 50 verschiedene Winzer aus, die mehrere
hundert verschiedene Tropfen anbieten, beste Voraussetzungen die eigenen Vorlieben zu entdecken. Die Wege zur
eigenen Vorliebe sind vielfältig, neben den unterschiedlichen Farben und Ausbaustufen kann man noch zwischen einer
großen Zahl von Rebsorten wählen, jede mit ihrem ganz eigenen Charakter.
Für den Wert eines Weines sollte man nicht nur den Preis als Maßstab heranziehen, sondern auch die eigenen Vorlieben.
Wenn zum Beispiel jemand den Geschmack von Spätburgunder liebt, kann es sein, dass ihm ein Lemberger oder
Trollinger gar nicht mundet, und er wird den Wert gering schätzen obwohl beide ordentlich gemacht sind. Aus eigener
Erfahrung würde ich sagen, dass man spätestens ab 7 Euro Weine findet, wo man sich auf den nächsten Schluck freuen
kann. 7 Euro wird auch von Fachleuten als Schwelle gesehen, ab der man überwiegend gute Weine bekommt.
Aber wo ist die Grenze wo man für mehr Geld nicht mehr Genuss bekommt. Das ist sehr schwer zu beantworten weil das
Genussempfinden bei jedem individuell ausgeprägt ist. Sind die einen bereits bei Weinen für 5 Euro im Genusshimmel,
glauben andere, dass der wahre Genuss erst im dreistelligen Bereich beginnt.
In dem Zusammenhang taucht immer wieder die hypothetische Frage auf – schmeckt ein Wein für 50 Euro 10 mal besser
als einer für 5 Euro? Ganz sicher nicht und an welchen objektiven Kriterien sollte man den Unterschied festmachen.
Genauso gut könnte man fragen - ist ein Auto für 150.000 Euro 10 mal besser als eines für 15.000 Euro?
Soll ein Auto dann 10 Mal so schnell, so groß, so komfortable sein? Über die zwei ersten Eigenschaften braucht mal nicht
einmal nachdenken, weil es völlig unmöglich ist. Ob ein Auto 10 Mal so komfortabel ist, darüber kann schon wieder
diskutiert werden, weil man den Wert für Komfort auf keiner Skala ablesen kann. Sicher, es gibt Kriterien die zum
Komfort beitragen, aber keine wirkliche Messlatte dafür.
Ich denke, dass die meisten den Komfort eines Autos daran messen wie entspannt man eine lange Autofahrt hinter sich
bringen kann. Das wiederum hängt nicht nur vom Auto ab sondern auch von den persönlichen Ansprüchen und der
Körperlichen Verfassung des Fahrers. Also eine rein individuelle, subjektive Wahrnehmung. Welches Auto den eigenen
Bedürfnissen am besten gerecht wird muss man ausprobieren, gemäß der alten Weisheit probieren geht über Studieren,
genauso wie beim Wein auch.
Komfort wie Geschmacksempfinden sind persönliche, subjektive Empfindungen die sich nicht verbindlich
verallgemeinern oder klassifizieren lassen. Beim Weinkauf überlassen Sie am besten ihrem Gaumen die Entscheidung.
Ratschläge und Empfehlungen sind gut und schön, entspringen aber auch persönlichen, subjektiven Meinungen, die bei
der Wahl helfen können oder auch nicht.
Wo den Wein kaufen
Discounter – Lebensmittelhandel
Winzer – Genossenschaft
Fachgeschäft – Online-Handel
Über diese 6 Einkaufsstätten wird der größte Teil des in Deutschland verkauften Weines vorwiegend umgeschlagen.
Discounter und Lebensmittelhandel beziehen ihr Angebot zum großen Teil aus Großkellereien, ich nenne sie einmal
Weinfabriken, weil sie mit traditionellen, handwerklichen Weinbau nichts mehr zu tun haben. In der größten von ihnen
werden jährlich ca. 200 Millionen Liter abgefüllt. Das entspricht ca. 266.000.000 Flaschen mit 0,75 Liter Inhalt. Die
Menge wiederum entspricht der Anzahl von 2660 Weingütern von denen jedes 100.000 Flaschen im Jahr produziert, und
mit diesem Ausstoß zählt ein Weingut nicht mehr zu den kleinen Betrieben.
Jeder kann sich vorstellen, dass eine Weinfabrik in der Herstellung bei weitem nicht den Aufwand treiben kann wie ein
Handwerksbetrieb und die Trauben oder den Most hat man irgendwo sehr günstig aufgekauft, hinter vorgehaltener
Hand wird oft ein Preis von 10 Cent genannt. Bei den großen Volumen die dort verarbeitet werden sind die
Produktionskosten auf einem so niedrigen Stand, dass sie nicht zu unterbieten sind. Dank der geringen Kosten sind die
Weine dann auch nicht so schlecht wie der Preis vermuten lässt, aber auch nicht so gut, dass ich mich persönlich damit
versorgen möchte. Laut einer Statistik sind 5 Prozent der Weine unter 3 Euro gut. Zu finden sind sie in erster Linie bei
den Discountern und zum kleineren Teil bei den Lebensmittelhändlern, wo sie bei unter 2-Euro beginnend in den
Regalen stehen.
Bei den Lebensmittelhändlern die Wert auf regionale Produkte legen, findet man immer häufiger Weine von selbst-
erzeugenden Winzern und Genossenschaften, die auch gehobenen Ansprüchen gerecht werden.
Winzer und Genossenschaften arbeiten beide nach hohen Qualitätsstandards, wo alleine die Kosten für die
Herstellung höher sind als eine Flasche im Discount kostet, was routinierte Weintrinker teilweise beim ersten Schluck
merken.
Alleine der Aufwand im Weinberg ist enorm. Damit die Rebstöcke optimal mit Nährstoffen versorgt werden können,
bearbeitet man die Böden mehrfach.
Es werden zum Beispiel die beim Rebschnitt angefallenen Triebe kleingehäckselt und wieder in den Boden eingearbeitet.
Mit modernen Analysemethoden kann man den Nährstoffgehalt im Boden bestimmen und so gezielt düngen.
Eine sehr kostenintensive Arbeit ist der Grünschnitt. Wenn die Trauben grün sind wird die Hälfte der Trauben
abgeschnitten, damit die verbleibenden Trauben mehr Nährstoffe bekommen was zu einer deutlich höheren Qualität
führt. Mit diesem Schritt verliert man nicht nur die Hälfte der Trauben, der Schnitt verursacht auch hohe Personalkosten.
Gelesen werden die Trauben zum großen Teil von Hand und teilweise noch einmal selektiert, wobei man die nicht so
optimalen Trauben einfach auf den Boden fallen lässt wo sie dann wieder als Nährstofflieferant dienen. Zudem werden
für einen Wein meistens nur die Trauben aus einem bestimmten Weinberg verarbeitet.
Wenn die Trauben das Weingut erreicht haben beginnt die Arbeit im Keller und da gibt es inzwischen sehr viele
Möglichkeiten die Qualität des Weines zu beeinflussen, wo natürlich auch Kosten anfallen, die den Preis im Regal
beeinflussen. Die letzte Instanz ist der Winzer oder Kellermeister in Person, der entscheidet was wie gemacht wird. Da
helfen keine Hilfsmittel mehr, sondern nur noch Erfahrung, Wissen, Können und Visionen.
Dass ein Wein für den so viel Aufwand getrieben wurde, wie vor beschrieben, nicht beim Discounter im Regal stehen
wird, kann sicher jeder nachvollziehen.
Fachgeschäfte wie Onlinehändler handeln in der Regel mit guten und teils sehr hochwertigen Weinen, und haben häufig
eine Auswahl von mehreren Hundert Weinen, da muss man sich schon etwas auskennen. Während man bei den
Winzern und Genossenschaften fast unbegrenzt probieren kann, ist das in den Fachgeschäften bedingt und bei den
Onlinehändlern gar nicht möglich.
Mehr Euro - mehr Geschmack?
Wenn sie Glück haben, aber nur bis zu einer gewissen Preislage
Wenn man in deutschen Onlineshops stöbert kann man zum Beispiel in einem Shop Rotweine von 4,99 Euro bis hin zu
2495 Euro und Weißweinen von 3,99 bis 1190 Euro finden, wobei der 3 und 4 stellige Bereich gut vertreten ist. Dieses
Beispiel wirft als erstes die Frage auf, wie viel bekomme ich für 2495 Euro mehr als für 4,99 Euro.
Die Frage ist müßig, weil der Preis von 2495 Euro nicht einmal ansatzweise in einer Relation zum Aufwand für die
Herstellung stehen kann. Es ist das reine Marketing, das den Preis in diese Höhen katapultiert.
Robert Parker, der bekannteste Weinkritiker den es in der Branche je gegeben hat äußerte sich wie folgt – keine Flasche
Wein übersteigt Produktionskosten von zehn Dollar! Weltweit. Mehr kann man in die Herstellung eines Weines nicht
investieren. Und auch nicht in Qualität.
Wenn Robert Parker einen Wein mit seinen Punkten adelte und die Preise nach oben schossen, schmeckte der Wein
jedoch genauso wie zuvor. Beim hochpreisigen Weinen ist es wie mit der Kunst, man kann denn Wert nicht
nachvollziehen, man muss an ihn glauben und er muss es einem Wert sein, denn die verwendeten Materialien oder
Rohstoffe sind im Verhältnis zum Preis Marginal.
Winzer die auf den Boden der betriebswirtschaftlichen Kostenrechnung geblieben sind, sehen die Preisgrenze bei 50
maximal 60 Euro. In den Preisen sind dann auch schon die Kosten für ökologischen Anbau, Landschaftspflege und
Naturschutzmaßnahmen enthalten und weitere Feinheiten enthalten.
Dass man zwischen guten Weinen für 20 bis 25 und solchen zu 150 Euro keinen qualitativen Unterschied schmecken
kann wird immer mal wieder von Fachleuten geäußert, besonders von denen die diese Erfahrungen bei Blindproben
gemacht haben.
Legt man die unteren Preislagen der Discounter zu Grunde kann man sicher für mehr Euro auch vielfach mehr
Geschmack bekommen, aber die wahren Gaumenfreuden werden da nur vereinzelt zu finden sein, wobei mit
steigendem Preis die Wahrscheinlichkeit größer wird.
Ab 7 Euro dürften dann zum größten Teil gute Weine in den Regalen stehen, aber ob der jeweilige Preis
immer gerechtfertigt ist wird keiner so genau sagen können. Es gibt keine Listen wo man den Preis für bestimmte Weine,
Trauben und Ausbaustufen ablesen kann, wie zum Beispiel bei Autos, wo man jedes Detail oder jeden Makel in
Euro beziffern kann. Ihr Gaumen muss als letzte Instanz den Geschmack bewerten und Sie sich entscheiden ob der
geforderte Preis es Ihnen wert ist.